Positionspapier des Deutschen Pflegerats
Der Deutsche Pflegerat e.V. (DPR) geht in einem aktuellen Positionspapier auf das Thema „Leiharbeit in der Pflege ein“. In 11 Forderungen an die Politik, die Kostenträger und die Träger von Kliniken und Pflegeeinrichtungen geht es darum, Leiharbeit in der Pflege überflüssig zu machen. Hierzu Christine Vogler, Präsidentin des Deutschen Pflegerats:
„Der enorme Anstieg der Leiharbeit ist ein Symptom für die Krise in der Pflege. Sie hat ihren Ursprung in den unzureichenden Arbeitsbedingungen und im Personalmangel, die eine Kompensation bei einem Ausfall des Stammpersonals nicht erlauben. Weiter führen Zeitmangel, das Fehlen einer verlässlichen Dienstplanung und unattraktive Arbeitszeiten, die sowohl die Vereinbarkeit von Familie und Beruf als auch die Work-Life-Balance enorm erschweren, zu einem Anstieg der Zeitarbeit. Weitere Gründe sind das Gehalt und zum Teil auch fehlende Führungskompetenzen.
Leiharbeitnehmer*innen in der Pflege sind nicht das Problem, sondern das Ergebnis der schlechten Arbeitsbedingungen. Ziel muss es daher sein, gute Arbeitsbedingungen in den Einrichtungen zu schaffen, auch durch gut ausgebildete Führungspersonen, um damit die Leiharbeit überflüssig zu machen.“
Der Deutscher Pflegerat fordert die Politik, die Kostenträger und die Arbeitgeber zur Umsetzung folgender Maßnahmen auf:
- Eine refinanzierte Personalausstattung, die anhand eines Pflegepersonalbemessungsinstruments vom Pflegebedarf der Patient*innen bzw. Bewohner*innen abgeleitet wird
- Verbesserung der Rahmenbedingungen, z. B. Umsetzung von Ausfallkonzepten
- Vorhaltung von Springerpools im Umfang der Ausfallzeiten
- Stärkung der Führungskompetenz, u. a. durch Ausbau der Personalbindung und -entwicklung durch akademisch ausgebildete Leitungspersonen
- Eine angemessene Vergütung der Pflegefachpersonen, Hebammen und Leitungspersonen, die der beruflichen Verantwortung gerecht wird
- Arbeitsentlastung durch den Ausbau der Digitalisierung, insbesondere im Bereich des Einsatzes von elektronischen Dokumentationen bei Patient*innen und Bewohner*innen
- Entlastung der Pflege/ Pflegefachpersonen und Hebammen von pflegefremden Tätigkeiten durch refinanzierte Servicekonzepte und deren Umsetzung
- Transparenz bzgl. der Qualifikation von Leiharbeitnehmer*innen
- Transparenz über den Einsatz von Leiharbeitnehmer*innen gegenüber den zu pflegenden Personen und ihren Angehörigen
- Offenlegung und Begrenzung der Gewinnmargen der Leiharbeitsfirmen
- Verpflichtende Ausfallzahlung der Leiharbeitsfirma an den Entleihenden bei Nichteinhaltung des vertraglich festgelegten Leihumfangs nach Qualifikation, Umfang und Einsatzzeiten der Leiharbeitnehmer*innen
Die Folgen der Leiharbeit sind gravierend. Die zu pflegenden Menschen benötigen eine Versorgung durch professionell Pflegende, die ihnen vertraut sind und die ihre Situation, Bedürfnisse und Bedarfe kennen. Das kann Leiharbeit nicht sicherstellen. Die Sicherheit der Versorgung ist bei Einsatz von Leiharbeitnehmer*innen gefährdet. Sie können die Qualitätsanforderungen nicht im gleichen Umfang wie die Stammbelegschaft gewährleisten.
Leiharbeitnehmer*innen stopfen in der pflegerischen Versorgung Löcher. Das hilft nur kurzfristig. Sie bleiben meist ein Fremdkörper. Ihre fachliche und soziale Kompetenz kann nur schwer eingeschätzt werden. Betriebsspezifische Arbeitsabläufe sind ihnen in der Regel nicht bekannt. Sie müssen zeitintensiv eingearbeitet werden. Ungünstige Dienstzeiten müssen dennoch meist von der Stammbelegschaft anstatt von den Leiharbeitnehmer*innen übernommen werden. Zudem verdienen die Leiharbeitnehmer*innen häufig besser.
Das benachteiligt die festangestellten Mitarbeitenden, sorgt für deren steigende Belastung und führt zu weiterer Unzufriedenheit, zu Konflikten und zur Entsolidarisierung innerhalb der beruflich Pflegenden. Treffen Leiharbeitnehmer*innen zudem auf Einrichtungen mit hoher Fluktuation, verstärken sich die Effekte. Der Aufwand wie auch die Kosten für die Kliniken und Pflegeeinrichtungen bei Einsatz von Leiharbeitnehmer*innen sind enorm hoch. Ihr Einsatz liefert keine nachhaltige Lösung für das Personaldilemma in der Pflege.
Das Positionspapier des Deutschen Pflegerats e.V. „Ursachen und Auswirkungen der Leiharbeit in der Pflege entgegenwirken“ steht zum Download zur Verfügung.
Hinweis:
Von der Zeitarbeit, Leiharbeit oder Arbeitnehmerüberlassung abzugrenzen ist die unbefristete Arbeitnehmerüberlassung, bei der Organisationen Mitarbeiter*innen über Gestellungsverträge langfristig an Unternehmen „ausleihen“. Daher treffen die o. g. Ausführungen nicht auf die Gestellung, wie sie beispielsweise von den Schwesternschaften vom Deutschen Roten Kreuz praktiziert wird, zu.
Ansprechpartnerin:
Christine Vogler
Präsidentin des Deutschen Pflegerats