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15.09.2021 Arbeitsbedingungen Pressemitteilung

Beschwerde beim Verfassungsgericht eingelegt, um keine höheren Löhne zu zahlen?

Deutscher Pflegerat sieht Vorgehen einiger privater Verbände kritisch – Instrumente für gerechte Lohnfindung nötig

Zu der vom bpa, dem bpa Arbeitgeberverband und dem VDAB unterstützten Verfassungsbeschwerde mehrerer Pflegeeinrichtungen gegen die „Tariftreue-Regelung“ des Gesundheits­versorgungs­weiterentwicklungs­gesetzes (GVWG), mahnt Annemarie Fajardo, Vize-Präsidentin des Deutschen Pflegerats e.V. (DPR):

„Das Recht auf eine gute Bezahlung und Gleichbehandlung muss auf der Seite der Arbeitnehmer*innen liegen. Dies muss von allen Pflegeeinrichtungen zuallererst beachtet werden. Ohne eine solche grundlegende Einstellung ist nachhaltiges sozialwirtschaftliches Handeln heutzutage nicht möglich.

Wird jetzt in der Verfassungsbeschwerde ein ´faktischer Tarifzwang´ kritisiert, so müssen sich offensichtlich manche Pflegeeinrichtungen fragen lassen, warum sie bislang Löhne bezahlt haben, die nicht angemessen waren. Ansonsten hätte der Gesetzgeber nicht reagieren müssen. Bitten hierzu hat es genügend gegeben.
Die genannten Verbände verdrängen, dass das bei ihren Mitgliedern gezahlte Lohnniveau nicht immer angemessen ist. Jetzt von Existenzverlusten für die Pflegeeinrichtungen zu sprechen zeigt, dass sie tatsächlich von einer Erhöhung der Löhne ausgehen, also bislang zu wenig bezahlt haben.
Dagegen haben all jene Einrichtungen, die bislang bereits gute Löhne bezahlen, keine Angst vor den Regelungen des GVWG, die von den Kostenträgern refinanziert werden müssen.

Der Deutsche Pflegerat appelliert an die Verantwortung aller Beteiligten, gute Arbeitsbedingungen zu schaffen, zu denen eine gute Bezahlung aller Mitarbeiter*innen gehört. Die tarifliche Bezahlung darf dabei nicht alleine am Lohngefüge stehen bleiben. Benötigt werden im Sinne einer Work-Life-Balance und einer personalorientierten Wertschätzung neue Instrumente einer gerechten Lohn- und Zuschlagsfindung.
Hierzu gehören ein wesentlich höherer finanzieller Ausgleich für die schlechten Arbeitszeiten der Mitarbeiter*innen sowie steuerliche Vergünstigungen für diejenigen, die direkt an den Patient*innen und Pflegebedürftigen arbeiten.
Alle Kostenträger müssen zu dieser Refinanzierung bereit sein und in die Verantwortung genommen werden. Der Gesetzgeber ist gefordert, auch für innovative Projekte, die deutlich über bestehende Tarifverträge gehen, die Finanzierung sicherzustellen. Für die Arbeitgeber ist es eine Chance, für bessere Arbeitsbedingungen zu sorgen und damit auch nachhaltige Pflegeversorgung in den Betrieben zu sichern.

Antworten der Verbände, die jetzt die Verfassungsbeschwerde unterstützen, wie in ihren Mitgliedseinrichtungen eine flächendeckende Verbesserung der Arbeitsbedingungen erfolgt, fehlen. Zeit wäre hierfür genug gewesen. Die Außenwirkung der eingelegten Verfassungsbeschwerde auf die Stellung des Pflegeberufs ist deutlich negativ. Arbeitnehmer*innen werden sich künftig genau fragen müssen, ob ihr künftiger Arbeitgeber zu denen gehört, die sich gegen eine bessere Bezahlung gestellt haben. Inwieweit sich dadurch dann eine schlechtere Marktstellung von manchen Pflegeeinrichtungen ergibt, wird sich zeigen.“

Ansprechpartnerin:
Annemarie Fajardo
Vize-Präsidentin des Deutschen Pflegerats

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