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04.08.2014 Handlungsfelder Pressemitteilung

Im Fokus: Patientensicherheit

Was steckt dahinter?

Die Patientensicherheit ist in den letzten Jahren durch einige Schlagzeilen in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt: So wurde von 19.000 Toten durch Behandlungsfehler im Krankenhaus berichtet1 oder von 900.000 Krankenhausinfektionen pro Jahr, von denen laut Expertenaussagen ein Drittel vermeidbar wären2. Doch was bedeuten diese Zahlen? Wie steht es um die Patientensicherheit in Deutschland? Wie kann sie verbessert werden?

Patientensicherheit bedeutet, dass Patienten nicht im Behandlungs- und Versorgungsprozess geschädigt werden. Solche Schäden können auch infolge von Fehlern in der Behandlung und in allen Bereichen der Gesund- heitsversorgung auftreten. Das Erkennen, die Analyse und die Vermeidung dieser Fehler sind Kennzeichen der Patientensicherheit3.

Im Versorgungsalltag ist die Patientensicherheit von zahlreichen organisatorischen wie auch personalen Faktoren abhängig: So nimmt die Wahrscheinlichkeit, Fehler zu machen im Krankenhaus mit zunehmender Arbeitsverdichtung und komplexer werdenden Leistungen zu. Auch Anzahl und Qualifikation des eingesetz- ten Personals spielen eine entscheidende Rolle. Zudem ist die zunehmende Morbidität der Patientinnen und Patienten von Bedeutung, aber auch Faktoren wie Unachtsamkeit und Konzentrationsschwierigkeiten.

Menschliches Handeln ist grundsätzlich nie frei von Fehlern. Deshalb kann es bei den Bemühungen um mehr Patientensicherheit nicht primär darum gehen, Schuldige zu suchen, sondern es gilt vielmehr, die Risiken zu erkennen, die Ursache von Fehlern zu finden und systematisch aus Fehlern zu lernen. Nur so lässt sich die Patientensicherheit langfristig verbessern.

Wo stehen wir in Deutschland?

In den letzten Jahren haben zahlreiche Institutionen des Gesundheitswesens das Thema Patientensicherheit aufgegriffen, wie die Ärztekammer, die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG), Krankenkassen und Selbsthilfe- organisationen. Das 2005 gegründete Aktionsbündnis Patientensicherheit e.V. (APS) hat die Patientensicherheit durch zahlreiche Initiativen gefördert; unterstützt u.a. durch den DPR. Arbeitsgruppen mit Experten aus Praxis, Wissenschaft und Politik erarbeiteten konkrete Handlungsempfehlungen, die in vielen Institutionen umgesetzt werden. So wurden Projekte wie die „Aktion Saubere Hände“ oder das Krankenhaus-CIRS-Netz (Critical Incident Reporting System) u.a. in Kooperation mit dem DPR entwickelt. Bei dem Krankenhaus-CIRS-Netz handelt es sich um ein anonymes, allen zugängliches internetbasiertes Fehlerberichtssystem für den Krankenhausbereich. Ziel dieses Systems ist es, ein überregionales und interdisziplinäres Lernen aus kritischen Ereignissen durch Informationen, Analysen, Bewertungen und Maßnahmenvorschläge zu erreichen.

Auch die Politik hat die Thematik aufgegriffen und das Patientenrechtegesetz 2013 auf den Weg gebracht. Darin wird die Einrichtung eines Risiko- und Fehlervermeidungssystems geregelt. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat 2014 eine entsprechende Richtlinie für ein einrichtungsübergreifendes Melde- und Berichtswesen formuliert.

Was passiert im Ausland?

Anfang der 90er Jahre begann in den USA die American Nurses Association (ANA) die Entwicklung von sogenannten pflegesensitiven Qualitätsindikatoren zu fördern. Pflegesensitive Qualitätsindikatoren bilden die Strukturen von Pflege und Pflegeprozessen ab, die ihrerseits wiederum Auswirkungen auf Patientenergebnisse haben. Diese Indikatoren, die auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse entwickelt wurden, umfassen patientenbezogene wie Sturz, Dekubitus und nosokomiale Infektionen, personalbezogene wie Arbeitszu- friedenheit und Fluktuation sowie struktur- und prozessbezogene wie Personalmix oder Pflegestunden pro Patient. Die Daten, die anhand dieser Indikatoren erhoben werden, bilden eine valide Grundlage für die interne und externe Qualitätssicherung in der Pflege und tragen entscheidend zur Patientensicherheit bei.

Was fordert der Deutsche Pflegerat?

Aus Sicht des DPR brauchen wir eine Sicherheitskultur aller an der Versorgung der Patientinnen und Patienten Beteiligter: Pflegepersonen, angestellte Hebammen, Ärzte, Patientinnen und Patienten wie auch Mitarbeiter aus der Leitungsebene, des Facility-Managements und der Verwaltung. Eine solche Sicherheitskultur umfasst sowohl einen bewussteren und sensibleren Umgang mit dem Thema, praktische Maßnahmen, aber auch einen zunehmend offeneren und angstfreieren Umgang mit Fehlern, ohne Schuldzuweisung und Skandalisierung.


  • Der DPR hält zudem überregionale sektoren-, und professionsübergreifende Daten als Grundlage der Analyse und Bewertung von Risiken und Fehlern für Dazu ist eine einheitliche und strukturierte Erfassung von Daten sowie deren Bewertung nötig, um gezielte Maßnahmen zur weiteren Verbesserung der Patientensicherheit daraus ableiten zu können. Bislang wurden solche Daten auf unterschiedlicher Datengrundlage erhoben und unter unterschiedlichen Gesichtspunkten ausgewertet, so dass nur wenige Erkenntnisse für die Praxis daraus gewonnen werden konnten.

  • Der DPR sieht zudem einen Bedarf an Aus-, Fort- und Weiterbildungen zur Das Wissen um die Fehler und deren Vermeidung muss allen beteiligten Berufsgruppen vermittelt werden.

  • Entscheidend für die Patientensicherheit sind gute Rahmenbedingungen für die Daher fordert der DPR eine angemessene Ausstattung von gut ausgebildetem Pflegepersonal. Diese Forderungen kön- nen nun auch wissenschaftlich untermauert werden. Die Ergebnisse einer europäischen Studie zeigen, dass die Arbeitsverdichtung bei Pflegefachpersonen die Mortalitätsrate der Patientinnen und Patienten erhöht. Gleichzeitig zeigt diese Studie, dass der Einsatz von Pflegefachpersonen mit Bachelor-Abschluss die Sterberate senkt4.

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Die Patientensicherheit ist kein Thema, das sich abschließend bearbeiten lässt. Es geht vielmehr darum, die Patientensicherheit auf der Grundlage einer gelebten Sicherheitskultur immer wieder zu überprüfen, an veränderte Gegebenheiten anzupassen und darauf aufbauend Maßnahmen zu ihrer Verbesserung zu entwickeln. Durch einen solchen Umgang mit der Patientensicherheit aller an der Versorgung der Patientinnen und Patienten Beteiligter lassen sich aktuelle und zukünftige Herausforderungen bewältigen.

Patientensicherheit – nur im Krankenhaus?

Eine Sicherheitskultur im Zusammenhang mit der Patientensicherheit muss nicht nur für den Krankenhausbereich entwickelt werden, sondern für alle Bereiche, in denen Patientinnen und Patienten versorgt werden. Allerdings sind die Strukturen und Prinzipien im Umgang mit der Patientensicherheit im Krankenhaus am weitesten entwickelt. Einiges davon lässt sich auf die ambulante Pflege und stationäre Altenhilfe übertragen.

 

Literatur

 

1 Klauber, J., Geraedts, M., Friedrich, J., & Wasem, J. H. (2013). Krankenhaus-Report 2013. Stuttgart Schattauer Verlag.

2 Eppinger, U. (2014). Zahlenrätsel: Sind nosokomiale Infektionen so viel häufiger als bisher vermutet? : http:// praxis.medscapemedizin.de/artikel/4902071?src=wnl_medpr_02002014.

3 Das Aktionsbündnis Patientensicherheit Struktur Aufgaben Ziele (2012). http://www.aps-ev.de/fileadmin/ fuerRedakteur/PDFs/Infos_und_Mitgliedschaft/APS_Infobroschuere_2012.pdf Seite. 2

4 Aiken LH, Sloane DM, Bruyneel L, et. al (2014). Nurse staffing and education and hospital mortality in nine European countries: a retrospective observational study. Lancet. 2014 ay 24;383(9931):1824-30. doi: 10.1016/ S0140-6736(13)62631-8. Epub 2014 Feb 26.

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