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07.10.2025 Arbeitsbedingungen Bildung BAPID Pressemitteilung

Pflegefachassistenzausbildung: 18 Monate sind organisatorisch machbar, aber fachlich nicht ausreichend

Deutscher Pflegerat zieht Bilanz zur Anhörung zur Pflegefachassistenzausbildung

Zugang ohne Schulabschluss gefährdet Ausbildungsqualität

Nach der öffentlichen Anhörung im Bildungsausschuss des Deutschen Bundestags am 6. Oktober 2025 zieht der Deutsche Pflegerat (DPR) ein Fazit: Die bundeseinheitliche Einführung der Pflegefachassistenzausbildung ist ein wichtiger Schritt, um Qualität, Vergleichbarkeit und Durchlässigkeit in der Pflegebildung zu sichern. Entscheidend ist, dass das notwendige Qualifikationsniveau nicht unterschritten wird.

„Wir begrüßen ausdrücklich, dass die bisher zersplitterten Landesregelungen nun vereinheitlicht werden sollen“, sagt Christine Vogler, Präsidentin des Deutschen Pflegerats. „Nur mit bundeseinheitlichen Standards schaffen wir Transparenz, Mobilität und Verlässlichkeit in der Ausbildung. Doch Qualität braucht Zeit: Eine zweijährige Ausbildungsdauer auf DQR-Niveau 3 ist die ideale Voraussetzung, um die erforderlichen Kompetenzen zu erwerben und die Patientensicherheit zu gewährleisten. “

Kathrina Edenharter, Präsidiumsmitglied des DPR, betont die Bedeutung einer fundierten Ausbildung: „18 Monate sind organisatorisch möglich, fachlich aber nicht ausreichend. Kompetenz entsteht durch die Verbindung von Theorie, Praxis und Reflexion. Wer die Ausbildung zu stark verkürzt, gefährdet den Kompetenzaufbau und damit auch die Versorgungsqualität.“

Zugang ohne Schulabschluss gefährdet Qualität

Der DPR kritisiert die im Gesetzentwurf vorgesehene Möglichkeit, die Ausbildung ohne Schulabschluss zu beginnen, wenn die Pflegeschule eine positive Prognose stellt. „Pflege erfordert Verantwortungsbewusstsein, Kommunikationsfähigkeit und Fachwissen. Ohne Schulabschluss steigt das Risiko von Ausbildungsabbrüchen deutlich“, erklärt Edenharter. „Eine Prognoseentscheidung ersetzt keine solide Grundlage. Mindestvoraussetzung für die Ausbildung sollte ein Hauptschulabschluss oder ein gleichwertiger Abschluss sein.“

Vogler ergänzt: „Ein gesetzlich vorgeschriebener Prognoseentscheid verengt den Weg zur Berufseinmündung und läuft Gefahr, Menschen auf einen Berufsweg festzulegen, ohne dass ihnen ausreichend Zeit bleibt, sich persönlich zu orientieren und zu entwickeln. Das widerspricht dem verfassungsrechtlich geschützten Recht auf freie Berufswahl und öffnet die Tür für unnötige Barrieren bei der Ausbildungsaufnahme. Deshalb sollte der Passus zur Prognoseentscheidung im Gesetzentwurf gestrichen werden.“

Gezielte Förderung sichert Ausbildungserfolg

Der DPR sieht in gezielter Sprachförderung und individueller Lernbegleitung zentrale Instrumente, um die Ausbildung zu sichern. „Fehlende Sprachkenntnisse gehören zu den häufigsten Abbruchgründen“, sagt Edenharter. „Deshalb braucht es verbindliche Sprachstandards auf Niveau B2, die auch die pflegerische Fachsprache berücksichtigen. So lassen sich Kommunikationsfehler vermeiden und die Patientensicherheit gewährleisten.“

Viele Auszubildende mit geringem schulischen Vorwissen benötigten zudem gezielte Unterstützung. „Schulsozialarbeit und individuelle Lernbegleitung sind keine Kür, sondern Voraussetzung für den Ausbildungserfolg“, betont sie.

Der DPR fordert außerdem eine deutlich bessere Betreuungsrelation: „Eine Lehrkraft sollte idealerweise rund zehn Auszubildende betreuen, organisatorisch sind bis zu 15 vertretbar – nicht zwanzig, wie im Entwurf vorgesehen. Gute Ausbildung braucht pädagogische Präsenz“, so Vogler.

Einheitlichkeit und klare Rollen in der Pflegebildung

Mit dem Gesetz wird eine überfällige Lücke geschlossen: Bisher existieren 27 verschiedene Landesausbildungen. „Das neue Gesetz schafft gleiche Voraussetzungen in ganz Deutschland und ermöglicht Mobilität“, erklärt Vogler. „Wichtig ist, die Ausbildung in die Bildungsarchitektur Pflege in Deutschland (BAPID) einzubetten. Das DPR-Projekt BAPID zeigt, wie klare Rollenprofile definiert und Bildungswege von der Pflegefachassistenz bis zur akademisch qualifizierten Pflegefachperson sinnvoll verknüpft werden. Das sichert auch den notwendigen Skill-Mix der Pflegeberufe untereinander.“

Reha-Einrichtungen als Ausbildungsträger und faire Vergütung

Der DPR unterstützt die Forderung, dass auch Rehabilitationseinrichtungen als Träger der Ausbildung zugelassen werden. „Diese Einrichtungen leisten einen wichtigen Beitrag zur pflegerischen Versorgung und können Ausbildungskapazitäten erweitern“, so Edenharter.

Gleichzeitig müsse die Ausbildung auch finanziell attraktiv sein. „Das muss in den Einrichtungen und in der Tarif-Treue-Regelung der Langzeitpflege berücksichtigt werden.“

Christine Vogler fasst zusammen: „Wir brauchen eine Ausbildung, die Menschen befähigt, Verantwortung zu übernehmen, Qualität zu sichern und Perspektiven zu entwickeln. Das gelingt nur mit klaren Standards und guten Rahmenbedingungen, die Theorie und Praxis sinnvoll verbinden und ausreichend Zeit für den Kompetenzerwerb lassen.“

Der Deutsche Pflegerat steht bereit, die Umsetzung der bundeseinheitlichen Pflegefachassistenzausbildung gemeinsam mit Politik, Ländern und Bildungsträgern fachlich zu begleiten.

Ansprechpartner:innen:

Christine Vogler
Präsidentin des Deutschen Pflegerats

Kathrina Edenharter
Präsidiumsmitglied des Deutschen Pflegerats

Michael Schulz
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Telefon: 0151 650 617 86 | E-Mail: m.schulz@deutscher-pflegerat.de

Download Stellungnahme

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