15.09.2022 Arbeitsbedingungen Pressemitteilung
Kommt jetzt eine Pflege nach dem Geldbeutel des Bundesfinanzministers?
Deutscher Pflegerat kritisiert Vetorecht des Finanzministeriums bei der Personalbemessung im Krankenhaus
Zum heute vom Bundeskabinett genehmigten Entwurf eines Gesetzes zur Pflegepersonalbemessung im Krankenhaus (Krankenhauspflegeentlastungsgesetz, KHPflEG) gibt Christine Vogler, Präsidentin des Deutschen Pflegerats e.V. (DPR), folgendes Statement ab:
„Der vorliegende Gesetzentwurf lässt enorme Zweifel daran aufkommen, ob das Bundesgesundheitsministerium tatsächlich noch die Fäden und damit die Verantwortung für die kommende Personalbemessung im Krankenhaus in der Hand hält. Die professionell Pflegenden in den Krankenhäusern haben kein Verständnis für weitere Diskussionsrunden innerhalb der Ministerien, darüber, ob das dringend benötigte Pflegepersonal nun eingestellt werden kann oder nicht. Es muss eingestellt werden, denn ansonsten ist die bereits heute stark gefährdete Versorgungssicherheit in der Pflege in Deutschlands Krankenhäusern künftig erst recht nicht mehr gesichert.
Die Profession Pflege benötigt kein weiteres Déjà-vu mehr. Ein Einbezug des Bundesfinanzministeriums bei der Personalbemessung ist nicht akzeptabel. Die Profession Pflege benötigt klare Entscheidungen für bessere Arbeitsbedingungen und das unbedingte Vertrauen darauf, dass diese auch umgesetzt werden. Nur wenn es uns endlich gelingt, dieses Vertrauen auch aufzubauen und zu halten, wird die Abwärtsspirale beim Pflegepersonal auf Dauer gestoppt. Dazu gehören gute Arbeitsbedingungen, die durch eine gute Personalausstattung gesichert werden können. Es muss um Entlastung der Profession und die Sicherung der Versorgung gehen und nicht um die Finanzen.
Die Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, zur verbindlichen Pflegepersonalbemessung im Krankenhaus die PPR 2.0 kurzfristig einzuführen. Der Gesetzentwurf nimmt dies völlig unzureichend auf. Die Chance für eine echte Perspektive für die Profession Pflege wird damit verspielt. Der vorliegende Gesetzentwurf birgt die Gefahr, dass das gesamte Personalbemessungsverfahren verpufft.
Der Gesetzentwurf hat neben dem geplanten Vetorecht des Bundesfinanzministeriums weitere gravierende Mängel. Der Deutsche Pflegerat fordert:
- Die PPR 2.0 und die Kinder-PPR 2.0 müssen eindeutig benannt werden. Es reicht nicht aus, lediglich auf sie zu verweisen.
- Der Einbezug des Intensivbereichs muss erfolgen.
- Krankenhäuser mit einem abgeschlossenen Entlastungstarifvertrag dürfen nicht von der Pflicht zur Anwendung der Personalbemessung ausgenommen werden.
- Die Abwälzung der Verantwortung für eine angemessene Personalausstattung auf die Krankenhäuser ist nicht sachgerecht. Sie müssen sich darauf verlassen können, dass die Refinanzierung des Pflegepersonals aus der PPR 2.0-Berechnung gesichert ist.
- Der Pflegebedarf muss Grundlage zur Bestimmung der Soll-Personalbesetzung sein, so wie dies das Ziel der PPR 2.0 ist. Auch das bleibt im Gesetzentwurf unklar.
- Geschaffen werden muss das unabhängige Institut für die Personalausstattung in der Pflege (InPeP).
- Das Bundesgesundheitsministerium muss bei den Festlegungen zur Zusammensetzung des Pflegepersonals und dessen Qualifikationen zwingend pflegewissenschaftliche Expertise einbeziehen.
- In der Einführungs- und Konvergenzphase des Personalbemessungsverfahrens müssen die Pflegepersonaluntergrenzen beibehalten werden.
Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf werden keine wirklich besseren Arbeitsbedingungen in der Krankenhauspflege kommen. Klar ist, dass der Gesetzentwurf die Prinzipien einer sachgerechten Personalbemessung hinters Licht führt. Die Probleme der Profession Pflege werden erneut nicht ernst genommen. Es fehlt mehr als je zuvor ein Fahrplan zum Personalaufbau und damit zur Sicherung der Patientenversorgung, die eine Staatsaufgabe ist.“
Ansprechpartnerin:
Christine Vogler
Präsidentin des Deutschen Pflegerats