27.08.2024 In eigener Sache Pressemitteilung
Menschen mit Behinderung sollen gar nicht erst geboren werden?!
Dr. med. Klaus Heckemann, Vorstandsvorsitzender der KV Sachsen, äußerte im Editorial der KVS Mitteilungen der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen vom 05-06-2024 die Befürchtung, dass die Fortschritte in der genetischen Diagnostik zu einer höheren Inanspruchnahme humangenetischer Untersuchungen bei schweren erblichen Krankheiten führen könnten, was eine finanzielle Überforderung der Krankenkassen zur Folge hätte.
Sein Vorschlag: Ein Angebot an Frauen mit Kinderwunsch nach Mutationssuche im Erbgut und entsprechender Untersuchungen, um das Risiko „schwerstkranker Kinder“ auszuschließen. Und dann verweist Heckemann auf teure Therapien für die Gesellschaft bei „erkrankten Kindern“, „Einschränkung der Lebensqualität“ und das „Leid der Eltern“.
Hierzu äußerte sich Christine Vogler, Präsidentin des Deutschen Pflegerats e.V. (DPR), heute in Berlin:
Die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen, die sich auf die Fahne geschrieben hat, „eine flächendeckende, qualitativ hochwertige und wirtschaftliche hausärztliche, fachärztliche und psychotherapeutische Versorgung für die Bevölkerung des Freistaates Sachsen“ zu sichern, wird offensichtlich von einem Menschen geführt, der sich sprachlich nationalsozialistischer Ideologie annähert. Das erinnert stark an die Verbrechen an behinderten und kranken Menschen im Dritten Reich. Hier wird ganz klar zwischen wertem und unwertem Leben unterschieden. Es gibt unzählige Aussagen, Berichte und Beispiele von Menschen mit Behinderung, die ein glückliches, erfülltes und selbstbestimmtes Leben in unserer Gesellschaft leben. Gesundheitsversorgung in Deutschland steht heute für Teilhabe in der Gesellschaft und die Gleichheit der Menschen in Behandlung und Betreuung.
„Wir müssen auf die Wahrung der Grundrechte der Menschen achtgeben. Genau solche harmlos wirkenden, vermeintlich erklärenden Texte zersetzen unsere zutiefst menschlichen Vorstellungen vom Zusammenleben“, betont Vogler. „Die Finanzierung des Gesundheitswesens hat demografische und systemische Gründe. Ein solcher Vorschlag ist keine Lösung für die Finanzierung unseres Gesundheitssystems.“
Der Deutsche Pflegerat e.V. und seine Verbände stehen für die vier Verantwortlichkeiten des ICN-Ethikkodex: Gesundheit fördern, Krankheiten verhüten, Gesundheit wiederherstellen sowie Leiden lindern und ein würdiges Sterben unterstützen. Die Pflege ist respektvoll und uneingeschränkt in Bezug auf die Merkmale Alter, Hautfarbe, Kultur, kulturelle Zugehörigkeit, Behinderung oder Krankheit, Geschlecht, sexuelle Orientierung, Nationalität, Politik, Sprache, ethnische Zugehörigkeit, religiöse oder spirituelle Überzeugungen, rechtlicher, wirtschaftlicher oder sozialer Status.
Einer solchen Haltung, wie von Heckemann formuliert und auch ähnlichen Äußerungen werden wir immer vehement gegenübertreten. Vogler gibt noch einen Hinweis: “Liebe Wahlberechtigte in Sachsen, Thüringen und Brandenburg – gebt auf Euch acht bei den Wahlentscheidungen, die Ihr trefft. Heute ist es das behinderte Kind - und morgen? Wehret den Anfängen!“
Das Editorial der KVS Mitteilungen der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen vom 05-06-2024 finden Sie hier .
Den ICN-Ethik-Kodex für Pflegefachpersonen finden Sie hier .
Ansprechpartner:innen
Christine Vogler, Präsidentin des Deutschen Pflegerats