03.08.2025 Arbeitsbedingungen Pressemitteilung
Pflegebudget und Personalbemessung sind unverzichtbar
Das Ökonomen-Narrativ allein taugt nicht, um Versorgung zu sichern
In der aktuellen Debatte um das Pflegebudget in der Krankenhausvergütung dominieren wirtschaftliche Argumente. Dabei droht der Blick auf das Wesentliche verloren zu gehen. Für Christine Vogler, Präsidentin des Deutschen Pflegerats (DPR), ist klar: „Das Pflegebudget schützt vor ruinösem Rationalisierungsdruck. Wer es infrage stellt, riskiert den Rückfall in alte Muster mit fatalen Folgen für die Versorgung.“
Pflege darf nicht auf Effizienz verkürzt werden
Lange wurde die Pflege über Fallpauschalen mitfinanziert. Dieses System förderte ökonomische Effizienz, belohnte Personalabbau und gefährdete die pflegerische Qualität. Das Pflegebudget war und ist eine dringend notwendige Korrektur und führte zu mehr Personal. Dass die Pflegeausgaben seitdem steigen, ist laut DPR kein Fehler, sondern Ausdruck einer über Jahrzehnte aufgeschobenen Anpassung. „Faire Löhne und mehr Personal sind kein Luxus. Sie sind notwendig, um Pflegeberufe attraktiv zu machen und die Versorgung zu sichern“, so Vogler.
Kritik, dass mehr Geld und mehr Personal die Probleme in der Einhaltung von Personalmindeststandards nicht überwunden hätten, ist kein Argument gegen das Budget. Ursache hierfür ist u.a. das fehlende qualifizierte Personal auf dem Arbeitsmarkt. Weitere Ursachen liegen in einer überfrachteten Krankenhauslandschaft und ökonomischen Fehlanreizen. „Ein Personalaufbau bedeutet zudem nicht automatisch, dass genügend Personal und zudem mit der richtigen Qualifikation vorhanden ist, um eine stabile Versorgung zu erreichen“, so Vogler.
Produktivität ist nicht gleich Versorgungssicherheit
Der DPR kritisiert ausdrücklich die Debatte um eine vermeintliche Pflegepersonalproduktivität: „Pflege ist keine Maschine“, betont Vogler. „Die Vorstellung, mit möglichst wenig Personal möglichst viel Leistung zu erzeugen, ist kein ökonomisches Prinzip, sondern eine Fehlinterpretation von Effizienz. Sie führt nicht zu Produktivität, sondern zu Erschöpfung, Qualitätsverlust und Berufsausstieg. Das ist Pflege auf Verschleiß.“ Es ist wissenschaftlich belegt, dass eine qualitativ und quantitativ angemessene Personalausstattung mit hoher Qualität einhergeht. Eine Effizienzdebatte, die das ignoriert, untergräbt die Versorgungssicherheit und beschädigt die Profession. Dabei wird oft übersehen, dass die Pflege wesentlich zur Aufrechterhaltung eines Krankenhauses und seiner Leistungen beiträgt und somit ein entscheidender Wertschöpfungsfaktor ist.
Auch die Behauptung, die Tarifpartner hätten angesichts des Pflegebudgets keinen Anlass, maßvolle Tarifabschlüsse abzuschließen, hält einer sachlichen Prüfung nicht stand. Demnach wären die Personalkosten in der Pflege reine Durchlaufposten und könnten weder zu dem von Ökonomen im Zusammenhang mit dem Budget kritisierten Budgetstau noch zu hohen Transaktionskosten führen.
Pflege ist auch keine Verfügungsmasse, die man von einem Standort an den anderen verschieben kann, wie teilweise wirtschaftlich suggeriert wird. Dies gilt vor allem dann, wenn das vorhandene Personal am bisherigen Standort bei weniger Leistungsdichte dann das qualitativ und quantitativ ausreichende Personal ist. Und auch dann, wenn es eine andere Fachrichtung hat und durch eine Verschiebung funktionierende Teamstrukturen zerstört werden.
Reformen müssen Pflege stärken, nicht schwächen
Die Lösung muss daher die Beibehaltung des Pflegebudgets sein. Sie liegt aber auch in einem umfassenden Strukturwandel: weniger, dafür leistungsstarke Krankenhäuser mit klaren Versorgungsaufträgen, verbindliche Personalbemessung mit PPR 2.0, ein qualifikationsgerechter Personalmix und pflegerisch geleitete Steuerung. Fehlsteuerungen wie der Einsatz hochqualifizierter Pflegefachpersonen für fachfremde Aufgaben sind keine Folge des Pflegebudgets, sondern von Managemententscheidungen. Auch die Aussage, Hilfskräfte seien nicht refinanzierbar, ist schlicht falsch.
Gleichzeitig fordert der DPR, dass auch die ambulante Pflege und die stationäre Langzeitpflege in den Blick genommen werden. Dort gelten die gleichen Muster: Fachpersonenmangel, Unterfinanzierung, hohe Belastung. Die Einführung der Personalbemessung in der stationären Langzeitpflege (PeBeM) ist ein Meilenstein. Sie muss jedoch verbindlich umgesetzt und solide finanziert werden. „PeBeM darf kein Papiertiger bleiben. Es braucht eine Umsetzung, die die Rolle der Fachpersonen stärkt“, so Vogler.
Pflege ist in allen Versorgungsbereichen Daseinsvorsorge
Pflege muss als zentraler Bestandteil und Partner:in des Gesundheitssystems anerkannt werden, als eigenständiger Heilberuf mit hoher Verantwortung, komplexen Aufgaben, Steuerungskompetenz und Systemrelevanz. Dafür braucht es das Pflegekompetenzgesetz und eine zügige Krankenhaus- und Pflegereform mit einer stärkeren Vernetzung der Versorgungsbereiche.
„Wer die Pflege schwächt, schwächt die Versorgung“, betont Vogler. „Pflege ist ein Innovations- und Leistungsfaktor. Sie ist über alle Schnittstellen hinweg das Rückgrat der Versorgung und ist ein wesentlicher Bestandteil der Daseinsvorsorge. Vertretungsstrukturen der Profession Pflege müssen gesetzlich verankert werden, um das Know-how der Pflege angemessen in das Gesundheitssystem zu integrieren.“
Ansprechpartner:innen
Christine Vogler, Präsidentin des Deutschen Pflegerats
Michael Schulz, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Telefon: 0151 650 617 86 | E-Mail: m.schulz@deutscher-pflegerat.de