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30.09.2024 Arbeitsbedingungen Selbstverwaltung Berufsautonomie Bildung In eigener Sache Pressemitteilung

Wichtiges Signal für die pflegerische Versorgung und die Zukunft der Profession Pflege

Referentenentwurf Pflegekompetenzgesetz

Der Deutsche Pflegerat begrüßt den Referentenentwurf des Bundesministeriums für Gesundheit zum Pflegekompetenzgesetz (PKG) als wichtigen Schritt zur Stärkung der Pflegeberufe. Aber er sieht auch dringenden Nachbesserungsbedarf, um die pflegerische Versorgung grundlegend zu verbessern und die Rolle der Pflegefachpersonen nachhaltig zu stärken. Dazu gehört es auch, die finanzielle Unterstützung des Deutschen Pflegerats über 2025 hinaus durch Bundesmittel zu sichern.

Pflegekompetenzen als Beginn einer notwendigen Neugestaltung

„Die selbstständige Erbringung heilkundlicher Aufgaben durch Pflegefachpersonen und deren erstmalige gesetzliche Verankerung ist lange überfällig für unsere Profession und ein wichtiger Schritt für eine pflegerische Handlungsautonomie zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung in Deutschland", betont Christine Vogler, Präsidentin des Deutschen Pflegerats, anlässlich der Veröffentlichung der Stellungnahme des Deutschen Pflegerats zum Referentenentwurf des Pflegekompetenzgesetzes.

„Die Nutzung der Kompetenzen der Pflegefachpersonen, ihre künftige Möglichkeit zu verschreiben und zu verordnen, sowie die Stärkung ihrer Rolle in der Prävention werten die Pflegeberufe enorm auf. Es wird seine volle Wirkung entfalten, wenn die Kernaufgaben der beruflich Pflegenden sektorenübergreifend gleichberechtigt im Gesetz verankert werden und sie diese generell ohne Ermächtigung durch andere Heilberufe erbringen dürfen. Hier gibt es noch Nachbesserungsbedarf.“

Ein eigenes Leistungsrecht für Pflegefachpersonen in der ambulanten und stationären Langzeitpflege sowie im Krankenhausbereich muss nun folgen. Die Möglichkeit der selbstständigen Erbringung von Aufgaben reicht allein nicht aus.

Beteiligungsrechte sind essentiell

Die vorgesehene gesetzliche Stärkung von Mitwirkungs- und Beteiligungsrechten bei Entscheidungsprozessen im Gesundheitswesen für maßgebliche Organisationen der Pflegeberufe auf Bundes- und Landesebene ist richtig und wichtig. Mit dieser im Entwurf vorgesehenen Zersplitterung der Vertretung durch mehrere Organisationen weicht der Referentenentwurf jedoch deutlich von den Eckpunkten des Bundesgesundheitsministeriums für ein Pflegekompetenzgesetz vom 19. Dezember 2023 ab.

Bund und Länder müssen der Profession Pflege im Gesundheitssystem eine Struktur und Stimme geben, um ihre Weiterentwicklung und damit die pflegerische Versorgung der Bevölkerung aktuell und in der Zukunft zu sichern. Es braucht eine hauptamtliche, dauerhaft ausreichend finanzierte Institution als Selbstverwaltung der Profession Pflege, wie im Eckpunktepapier und in der Begründung zum Referentenentwurf beschrieben, um die Interessen der Pflegeberufe auf Bundesebene wirkungsvoll zu vertreten und zu stärken.

Der Deutsche Pflegerat fordert den Gesetzgeber auf, diese Infrastruktur im Pflegekompetenzgesetz zum 1. Januar 2026 zu verankern und den Deutschen Pflegerat dafür vorzusehen.

Nur die Ehrenamtlichkeit zu finanzieren und zu hoffen, dass dies zur wirksamen Vertretung der Pflegeberufe auf Bundesebene ausreicht, ist völlig unzureichend und abzulehnen. Es zementiert die seit Jahren bestehende strukturelle Ungleichheit der Partner im Gesundheitswesen zum Nachteil der Versorgung sowie der Pflegeberufe.

Fortführung der Förderung des Deutschen Pflegerats über 2025 hinaus notwendig

Der Deutsche Pflegerat fordert eine Verlängerung der finanziellen Unterstützung über den 31. Dezember 2025 hinaus. „Eine Weiterführung des Auf- und Ausbaus des Deutschen Pflegerats mit einer kontinuierlichen institutionellen Förderung ist für die Profession Pflege unerlässlich“, betont Vogler.

Ohne diese Unterstützung verliert die Politik und Gesellschaft die seit 26 Jahren einzige, etablierte Institution auf Bundesebene, die von 18 maßgeblichen Berufsverbänden aus der Pflege, dem Hebammenwesen und der Pflegewissenschaft getragen wird, oder sie würde auf eine reine Ehrenamtsstruktur zurückgeworfen. „Ohne eine strukturierte pflegerische Vertretung ist eine sinnvolle Weiterentwicklung des Gesundheitswesens kaum möglich – wenn überhaupt."

Es wäre ein unverantwortlicher Rückschritt und ein schwerer Rückschlag für die Vertretung der Pflegeberufe auf Bundesebene wie auch eine Verschwendung bereits investierter öffentlicher Ressourcen im Rahmen der Aufbauarbeit des Rats, die finanzielle Förderung des bereits evaluierten, erfolgreichen Projekts zur Stärkung der Profession Pflege einzustellen.

Unabhängigkeit des Amts der oder des Beauftragten der Bundesregierung für Pflege

Der Deutsche Pflegerat begrüßt, dass das Amt des oder der Beauftragten der Bundesregierung für Pflege nun gesetzlich verankert und verstetigt wird, um die Belange der Pflegebedürftigen, ihrer Angehörigen und der beruflich Pflegenden stärker zu berücksichtigen. Der Deutsche Pflegerat fordert nachdrücklich, das Amt unabhängig von Legislaturperioden und Regierungsparteien mit einer hochqualifizierten Pflegefachperson mit Berufserfahrung zu besetzen, ähnlich wie international etablierte „Chief Nursing Officers“.

Das Amt sollte sektorenübergreifend im SGB V und SGB XI verankert sein und die Befugnis haben, Gesetze und Verordnungen zur Pflegequalität, zum Pflegepersonal und zu Pflegestandards zu gestalten sowie deren Einhaltung zu überwachen. Dies sollte in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Pflegerat als maßgebliche Organisation der Pflegeberufe auf Bundesebene geschehen.

Appell an die Politik

Der Deutsche Pflegerat fordert die Politik auf, das Pflegekompetenzgesetz im Gesetzgebungsverfahren zu überarbeiten. „Das Gesetz wird nur dann wirksam sein, wenn es die Kernaufgaben der beruflich Pflegenden gleichberechtigt verankert, die Beteiligungs- und Entscheidungsrechte der Pflegeberufe stärkt, die Rolle der/s Pflegebeauftragten unabhängig von Partei und Legislatur gestaltet, den Deutschen Pflegerat auf Bundesebene vollumfänglich finanziell und personell stützt, die Pflegewissenschaft fördert und das Gesetz sektorenübergreifend angelegt ist. Nur durch eine solche nachhaltige Stärkung der Profession Pflege können wir die Herausforderungen im Gesundheitswesen bewältigen und die Versorgung der Menschen sicherstellen", betont Christine Vogler.

Ergänzende Informationen:

Über den Deutschen Pflegerat

Der Deutsche Pflegerat ist der zentrale Dachverband von 18 maßgeblichen Berufsverbänden aus der Pflege, dem Hebammenwesen und der Pflegewissenschaft. Seit über 26 Jahren vertritt er die Interessen der Pflegeberufe und dient als Hauptansprechpartner für Politik und Gesellschaft.

Weitere wichtige Themen zum Referentenentwurf eines Pflegekompetenzgesetzes

  • Es ist unverständlich, warum die selbstständige Erbringung heilkundlicher Aufgaben durch Pflegefachpersonen nach § 73d Absatz 3 im Krankenhaus nicht unmittelbar verbindlich ist. Diese Regelung muss geändert werden.
  • Die selbstständigen heilkundlichen Aufgaben müssen um international anerkannte Aufgaben von Pflegefachpersonen ergänzt werden, wie sie der ICN-Ethikkodex vorsieht: Gesundheit fördern, Krankheit vorbeugen, Gesundheit wiederherstellen, Leiden lindern und ein würdevolles Sterben begleiten.
  • Die Pflegewissenschaft muss in Deutschland ausgebaut und in Entscheidungen, die die pflegerische Versorgung betreffen, einbezogen werden.
  • Eine sektorenübergreifende Pflege ist entscheidend für die Versorgungssicherheit. Der Referentenentwurf trennt jedoch oft, statt zu verbinden. Vorgaben für den SGB XI-Bereich, wie die Entwicklung einer Muster-Scope of Practice, müssen auch im SGB V-Bereich gelten. Dies muss herausgestellt werden.
  • Das BAPID-Projekt des Deutschen Pflegerats muss bei der Festlegung der Qualifikationsniveaus für pflegerische Aufgaben berücksichtigt werden. Die beruflich Pflegenden müssen bereits in die Entwicklung einbezogen werden, etwa bei den Richtlinien zur Empfehlung von (Pflege)hilfsmitteln.
  • Die Feststellung der Pflegebedürftigkeit im Rahmen der Weiterentwicklung des Verfahrens zur Pflegebegutachtung durch Modellvorhaben muss auch durch langjährige erfahrene Pflegefachpersonen in Pflegeeinrichtungen erprobt werden können. Der Projektzeitraum muss auf den 31.12.2026 verkürzt werden.
  • Die Feststellung der Pflegebedürftigkeit nach § 18 SGB XI muss Pflegefachpersonen vorbehalten sein. Medizinische Gutachter:innen wie Ärzt:innen und Kinderärzt:innen verfügen nicht über die geeigneten Kompetenzen nach dem Pflegeberufegesetz, um pflegerische bzw. pflegefachliche Versorgungsbedarfe zu ermitteln. Hier besteht dringender Änderungsbedarf.
  • Die Einbeziehung weiterer Gesundheitsfachberufe wie Ergo-, Logo- oder Physiotherapeut:innen in den Personalmix vollstationärer Pflegeeinrichtungen unterstützt die interprofessionelle Zusammenarbeit. Dabei muss sichergestellt sein, dass es nicht zu einem Ersatz für Pflegefachpersonen bei der Wahrnehmung ihrer Vorbehaltsaufgaben kommt.
  • Für die erfolgreiche Umsetzung von Instrumenten zur Pflegepersonalbemessung, sowohl in der stationären Langzeitpflege (PeBeM) als auch im Krankenhaus (PPR 2.0), braucht es eine verlässliche Institution auf Bundesebene, die eine lückenlose und adäquate fachliche Begleitung ermöglicht (Institut für Personalbemessung in der Pflege – InPeP). Die geplante Geschäftsstelle muss daher auch den Krankenhausbereich umfassen und muss über das Jahr 2030 hinaus bestehen.
  • Die Umsetzung des Personalbemessungsverfahrens in der Langzeitpflege muss beschleunigt werden, um die personelle Abwärtsspirale zu stoppen.

Download Stellungnahme

Ansprechpartner:innen

Christine Vogler, Präsidentin des Deutschen Pflegerats

Michael Schulz, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Telefon: 0151 650 617 86 | E-Mail: m.schulz@deutscher-pflegerat.de

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